Anarchie – Ordnung ohne Herrschaft

Warum wir die KTS verlassen und warum es jetzt zwei RoR-Gruppen in Freiburg gibt!

Um Gerüchten vorzubeugen und Klarheit zu schaffen, haben wir beschlossen, diese Stellungnahme zu veröffentlichen:

Als Großteil von SamBasta, wie sie bis vor wenigen Monaten bestand, bestehen wir, die Verfasser_innen dieses Textes, weiterhin als aktive Rhythms-of-Resistance (RoR) Band [1] . Allerdings verorten wir uns nicht mehr in der KTS. Ein Grund dafür ist die Zuspitzung eines Konfliktes, der zu unwiderruflichem Vertrauensverlust führte. Wir verstehen die Hintergründe des Vorgehens von einigen, in SamBasta und in der KTS aktiven Menschen, gegen einen von uns, als gewollte Kampagne gegen einen „unliebsam“ gewordenen Menschen, der Kritik an den Strukturen geäußert hat. Für uns ist diese Rufmord-Kampagne ein Verhalten, das wir menschlich und politisch nicht tolerieren wollen. Unser Austritt aus der KTS ist ein politisches Statement und eine Konsequenz dieser Kampagne, denn wir wollen die dort herrschenden Zustände, Umgangsweisen und Hierarchien nicht weiter hinnehmen.

Wir ziehen uns jedoch nicht ohne vorangegangene Versuche zurück, Umgangsweisen und Machtstrukturen innerhalb der KTS aufzubrechen. Angefangen haben wir damit nach internen Diskussionen im Frühjahr 2015 mit mehreren Workshops zur „Moderation von Plena und Konsensentscheidungen in Gruppen“. Einige von uns haben einen ähnlichen Workshop beim Netzwerkcamp im Sommer 2015 gegeben. Aus diesem Workshop ist die Arbeitsgruppe „AZ & Konsens“ entstanden. Die Gruppe setzte sich zusammen aus Teilnehmenden unterschiedlicher politischer Zusammenhänge, viele in der KTS aktive menschen. Wie schon einige Gruppen vorher, hatte „AZ & Konsens“ sich zum Ziel gesetzt, die KTS wieder offener, horizontaler und einladender für viele Menschen zu gestalten. Aus ähnlichen Gründen wie wir jetzt, haben sich schon in der Vergangenheit verschiedene Gruppen aus der KTS zurückgezogen. Einige wichtige Aspekte in der Zielsetzung von „AZ & Konsens“ waren die politische Diversität in autonomen Räumen, die Kritik an der Redekultur und der selektiven Blockadehaltung im Montagsplenum, sowie das Fehlen queerer und feministischer Gruppen im „Autonomen Zentrum“ (AZ) Freiburgs. Wir unterstützen diese Kritik und versuchen nach wie vor, die ihr zugrunde liegenden Werte zu reflektieren und in unserer politischen Praxis umzusetzen. Als Teil des RoR-Netzwerks, welches sich auf die PGA-Hallmarks [2] beruft, finden wir uns in der Zielsetzung von „AZ & Konsens“ wieder.

Dass die Gruppe „AZ & Konsens“ explizit Menschen aufgrund geäußerter Schutzbedürfnisse von der Startphase einer Zukunftswerkstatt ausgeschlossen hat, kann mensch methodisch und taktisch hinterfragen und diskutieren. Für uns ist diese Entscheidung insofern nachvollziehbar, da einzelne Personen in Räumen und Prozessen innerhalb des AZ’s auf derart dominante Art Platz einnehmen, dass andere sich nicht mehr sicher genug fühlen, um ihre Meinungen, Bedürfnisse oder Ängste zu äußern. Um eine offene Diskussion ohne Angriffe und Dominanzverhalten zu ermöglichen, wurde entschieden, einen temporären Ausschluss einzelner Personen in Kauf zu nehmen, um einen geschützten Raum zu schaffen. Ein Schutzbedürfnis wurde hierbei höher gewertet als die volle Transparenz während des Startprozesses der Zukunftswerkstatt. Die fehlende Legitimation durch das Montagsplenum wurde kritisiert und das Vorgehen als „Angriff auf die KTS – Strukturen“ verurteilt. Die Kritik als solche wurde dadurch überwiegend ignoriert. Ein Hinterfragen des eigenen Verhaltens und der eigenen Rollen wurde somit umgangen. Auch die „Amtsenthebungen“ der an der „AZ & Konsens“ Gruppe Beteiligten gleicht einem schlechten Schauprozess und verdeutlicht die Hegemonien in der KTS. Statt politischer Diversität strebt unserer Ansicht nach eine gefühlte Minderheit eine Gleichmachung an. Demnach fällt raus, wer und was nicht auf Linie zu bringen ist. Das sind Verhaltensweisen, die wir in einem autonomen Raum nicht wünschen und dulden können.

Außerdem sehen wir die Distanzierung von den verbliebenen „SamBastas“ als notwendig an, da sie tragende Rollen in der Zuspitzung des Konfliktes gespielt haben. Neben dem Vertrauensverlust ist uns im Rahmen des Konfliktes klar geworden, dass es konträre Auffassungen vom Umgang miteinander (fehlende Achtsamkeit, Informationspolitik, etc.) und den politischen Zielen innerhalb der Band gab. Wir kritisieren das Vorgehen der in „SamBasta“ Verbliebenen, ohne Rücksprache mit dem Rest der Gruppe einen Neueinsteiger_innen Workshop zu organisieren und somit ohne weitere Absprache den Namen „SamBasta“ für sich zu beanspruchen.

Was wollen wir?

Von einem autonomen Raum und unserer Bezugsgruppe wünschen wir uns gemeinsame Politik, die sich durch Selbstreflexion weiterbringt, Rollenverhalten hinterfragt, sowie einen offenen und sicheren Raum für Kritik und Austausch auf Augenhöhe bietet. Wir wünschen uns linksradikale Politik mit vielen möglichen Ansätzen. Aktuell hingegen haben wir den Eindruck, dass es eine „unsichtbare Linie“ gibt, die von einigen Wenigen gezogen wird und an der die „politische Richtung der KTS“ bzw. deren Gruppen ausgerichtet wird. Wir wünschen uns eine Stimmung im AZ, die empathisches Miteinander ermöglicht und kritisches Denken fördert. Gleichzeitig sehen wir ein AZ als einen Lernraum, in dem wir miteinander Erfahrungen teilen können und anti-autoritäres Handeln erproben können. Wir wünschen uns konsensuelle Entscheidungsfindungen auf Grundlage von Argumentation und Diskussion. Dazu braucht es Bereitschaft zum Konsens. Wenn Polemik, Drohungen und Vorwürfe der rationalen Argumentation entgegenstehen, dann läuft etwas schief! Wir lehnen autoritäre Zusämmenhänge ab, erst recht in der Linksradikalen. Wir brauchen keine Chefs und auch kein Mackertum! Wir verurteilen die aktive Verteidigung von Machtpositionen! Es ist nicht leicht, ein hierarchiefreies Miteinander konsequent zu leben, aber wir möchten uns dem annähern.

In diesem Sinne wünschen wir uns auch einen verstärkten anti-patriachalen Diskurs für Freiburg und mehr pro-feministische Praxis in der sogenannten anarchistischen Szene. Außerdem möchten wir mehr Vernetzung, Begegnung und Kooperation mit unterschiedlichen politischen Gruppierungen. Statt destruktiver innerlinker Kleinkriege wünschen wir uns eine gemeinsame und konstruktive Suchbewegung und Praxis. Dazu müssen anscheinend neue Räume geschaffen und bestehende reformiert werden. Unserer Meinung nach müsste sich dazu in der KTS einiges grundlegend ändern.

Wir sind betroffen über die Geschehnisse, die weit in persönliche Bereiche hineinragen. Auch ist es ein Armutszeugnis, dass sich immer weniger Menschen und Gruppen im AZ wohl fühlen. Aus genannten Gründen brechen auch wir mit der aktuellen Situation in der KTS. Ein Raum, der die Partizipation verschiedener Menschen und Gruppen ermöglichen will, würde schließlich auch eine horizontalere, breitere Selbstverwaltung zulassen. Jedoch sehen wir momentan zu große Hürden für oben angesprochene Wünsche und Ziele.

Trotz allem kommen wir gestärkt aus diesem Prozess und freuen uns mit neuer Energie und einer gefestigten Gruppe bald wieder aktiv zu werden und unsere Utopien in die Realität umzusetzen.

Wenn ihr Fragen zu diesem Text habt, schreibt uns gerne an: rorfrei@untenlinks.ch (Schlüssel auf Keyserver: 15E56E44/24.6.16). Diese neue Kontaktadresse darf gerne in Eure Verteiler aufgenommen werden.

Diskutiert diesen Text, macht euch Gedanken, hinterfragt und reflektiert, fühlt Euch angesprochen, verfasst Antworten und Kommentare, oder lasst es bleiben!

Im Juni 2016 ehemals Sambasta RoR-Frei

[1] https://www.rhythms-of-resistance.org/ [2] https://www.nadir.org/nadir/initiat...